In memoriam Hofrat Dipl.-Ing Dr. Fritz Ornig

Zu einer würdigen Verabschiedung hat sich am 12. Oktober 2018 ein große Schar von Verwandten und Freunden in der Kapelle des St. Leonhardfriedhofs in Graz eingefunden, um Fritz Ornig, der am 3. Oktober 2018 verstorben war, die letzte Ehre zu erweisen.

Fritz Ornig, geboren am 22. Juni 1922, wurde gleich nach der Matura, die er mit Auszeichnung bestanden hatte, im Jahre 1940 zunächst zum Reichsarbeitsdienst eingezogen und dann 1942 in die deutsche Wehrmacht einberufen. Als Gebirgsjäger kam an die Nordfront, in den Raum von Murmansk, wo neben der ständigen Bedrohung durch den Feind auch die klimatischen Bedingungen extrem waren. So war der Gefechtsstand ein drei mal vier Meter breites und zwei Meter tiefes Loch, in dem bei Temperaturen bis zu -30 °C in kurzer Zeit die Pelzmäntel der Wachposten mit einer dicken Eisschicht überzogen waren.

Nach einer schweren Verletzung im Gesicht, nach der für einige Zeit auch das Augenlicht bedroht war, wurde er in einem Feldlazarett behandelt und konnte schon nach drei Wochen wiederum den Dienst mit der Waffe antreten.

Im Bereich von Murmansk kann es auch zu einem mehrstündigen Treffen mit seinem Bruder, rund 5000 km von der Heimat entfernt. Es sollte die letzte Begegnung sein, denn im Jahre 1942 wurde sein Bruder an der Skandinavien-Front schwer verwundet und ist seinen Verletzungen erlegen.

Der zweite Einsatzbereich war im Jahre 1944 in den Westalpen, im Raum des Kleinen St. Bernhard, gefolgt von einem Einsatz im Winter 1944/45 im Apennin, wo er auch die Kapitulation erlebte. Fritz Ornig hat seine auf 400 Mann geschmolzene Kompanie auf abenteuerlichen Wegen in den Raum Rimini ordnungsgemäß zurückgeführt, kam in britische Gefangenschaft und wurde im Herbst 1945 vom britischen Entlassungslager St. Marein im Mürztal entlassen. Er schlug sich nach Graz durch und begann, sobald es möglich war, nach Wien per Eisenbahn zu kommen, mit dem Studium der Landwirtschaft auf der (damaligen) Hochschule für Bodenkultur. Wie er selbst schilderte, war es für ihn nicht leicht, als Mittzwanziger unter Achtzehnjährigen im Hörsaal zu sitzen, doch dies tat dem Lerneifer von Fritz Ornig keinen Abbruch.

Die Situation auf der Hochschule für Bodenkultur war in der ersten Nachkriegszeit weder unproblematisch, noch bequem. „Für das Studium gab es keinerlei schriftliche Unterlagen, sodass man auf die eigenen Mitschriften bei den Vorlesungen angewiesen war. …Aufgrund er Kriegsereignisse kamen mehrere Studiengänge zusammen und wir hatten nur den großen Hörsaal im Botanischen Institut zur Verfügung. Um einen Platz zum Mitschreiben zu bekommen, war es notwendig, dass sich zumindest einer der jeweiligen Gruppe um 7 Uhr in der Früh beim Öffnen der Tore anstellte und auch gleich mehrere Plätze besetzte. Trotz der unglaublich schlechten Verhältnisse (4 Besatzungsmächte, totaler Zusammenbruch, kaum öffentliche Verkehrsmittel, Gas zum Kochen nur zwischen 4 bis 6 Uhr in der Früh, im Winter praktisch keine Heizung) mussten Studiengebühren entrichtet werden. Es gab allerdings Ermäßigungen und Befreiungen. Beim Einkauf der wenigen zugeteilten Lebensmittel durch die Lebensmittelkarte war es erforderlich, sich bis zu einer Stunde anzustellen“, so Fritz Ornig in einem Beitrag in der Festschrift des Absolventenverbandes der Universität für Bodenkultur im Jahre 2010.

Am 1. September 1949 trat Fritz Ornig den Dienst in Graz als Bodenschätzer an, wurde dann mit der Leitung der Bodenschätzung bei der Finanzlandesdirektion in Graz beauftragt, eine Position, der er bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1990 gewissenhaft nachkam.

Seine Dissertation „Bodentypen- und Bodengütekarte der Gerichtsbezirke Mureck und Radkersburg“, verfasst im Jahre 1960, ist ein Beweis für sein großes Interesse an der angewandten Feldbodenkunde. Diese breite Fachkenntnis über den Boden verbreitete Fritz Ornig auch in schriftlicher Form in vielen Fachaufsätzen, abgestimmt auf die vorwiegend landwirtschaftliche Leserschaft. Darüber hinaus verfasste Fritz Ornig als staatlich gerichtlich beeideter Sachverständiger für die Landwirtschaft zahlreiche umfangreiche Gutachten, so auch die Beweissicherung der Boden- bzw. Ertragsverhältnisse in der Landwirtschaft um das Fernheiz-Kraftwerk Mellach.

Fritz Ornig war in der Österreichischen Bodenkundlichen Gesellschaft ein „Mann der ersten Stunde“. So nahm er an der konstituierenden Sitzung der Gesellschaft im Jahre 1954 in Wien auf der Hochschule für Bodenkultur teil, weiter hatte er wesentlichen Anteil an den Aktivitäten dieser Gesellschaft und führte hauptverantwortlich zwei auch international besuchte Exkursionen durch Wein- und Obstbauregionen der Steiermark. Schließlich konnte er als Präsident in den Jahre 1978 und 1979 durch Änderungen der Vereinsstatuten richtungsweisende Akzente für eine effiziente Administration der Gesellschaft setzen.

In Anerkennung dieser Leistungen wurde Fritz Ornig im Jahre 1988 die Ehrenmedaille der Österreichischen Bodenkundliche Gesellschaft verliehen.

Dieses umfassende Fachwissen war mit Handschlagqualität – eine Eigenschaft, die gegenwärtig deutlich abnehmen dürfte – verbunden. Hier gab es keine unsichere Termine, keine Unklarheiten bei Beurteilungen, sondern die vorgenommenen Arbeiten wurden – selbst im Gelände bei ungünstigen Wetterbedingungen – bestmöglich erledigt. Auch der korrekte Umgang mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern war eine Selbstverständlichkeit.

Fritz Ornig war ein fürsorglicher Familienvater, der sich, solange es seine physischen Kräfte erlaubten, aufopfernd seiner behinderten Tochter annahm. Nicht nur eine große Familie trauert den verstorbenen Vater, Großvater und Urgroßvater, auch die Österreichische Bodenkundliche Gesellschaft hat ein prominentes Gründungmitglied verloren.

Wir werden Fritz Ornig stets ehrend gedenken.

O. Nestroy